Auf dem Netzwerktreffen diskutierten die Teilnehmenden in einem sogenannten Open Space, wie die Innovationskraft der Gesellschaft durch Transfer gestärkt werden kann, wie nachhaltiger Transfer durch Ko-Kreation funktioniert und welche geeignete Anreizsysteme für Transfer sind.
Open Space ist eine Methode, um den Austausch großer Gruppen sowohl selbstbestimmt als auch strukturiert durchzuführen. Es können von allen Teilnehmenden thematische Angebote gemacht werden, im Verlauf entscheidet sich dann, welche aktuell den intensivsten Austausch bewirken. So wurden bei diesem Netzwerktreffen die Themen "Innovationskraft durch Transfer stärken“, "Nachhaltiger Transfer durch Ko-Kreation und Kooperation" sowie "Anreizsysteme an Hochschulen stärken" fokussiert. Die Angebote zu "Organisationskultur", "engen Budgets" und "Passendes Personal entwickeln" sowie zur "Wirkung der Erfassung von Transfer auf Transferprofile" wurden eher mittelbar diskutiert und dokumentiert. Bei Interesse werden sie beim nächsten, bereits angedachten Netzwerktreffen erneut angeboten.
Transfer gewinnt an Bedeutung
Die Voraussetzungen dafür sind, statistisch gesehen, gut: Laut dem Transferkompass des Stifterverbandes hatten 2021 58 Prozent der befragten Hochschulen eine Transferstrategie. Im Jahr 2013 waren es erst 28 Prozent. Das zeigt: Umdenken und Umplanen sind in vollem Gange.
Dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler motiviert sind, ihr Wissen nicht nur in Form von Publikationen zu verbreiten, sondern auf Grundlage ihrer Expertise auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, belegt die aktuelle Studie "Transfer 1000" von Fraunhofer IAO und Technische Universität Berlin. Demnach betrachten 79 Prozent der Befragten dies sogar als zentrale Aufgabe der Wissenschaft. 85 Prozent halten ihre Forschung für gesellschaftlich relevant.
Angebote des Stifterverbandes
Der Stifterverband begleitet und fördert Transferaktivitäten an Hochschulen seit Jahren. Er hat dazu Studien wie den Transferkompass erstellt, Förderprogramme wie das Transfer-Audit aufgelegt und eine unterstützende Indikatorik, wie das Transferbarometer gemeinsam mit fünf Universitäten und sechs Helmholtz-Zentren entwickelt. Mit dem Treffen der auf Hochschulleitungsebene für Transfer zuständigen Personen (Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten, Prorektorinnen und Prorektoren, Kanzler) hat der Stifterverband zudem eine Plattform für den Erfahrungsaustausch und die hochschulübergreifende Vernetzung geschaffen. "Ganz Deutschland erlebt einen Strukturwandel, daher sollten wir länderübergreifend voneinander lernen und miteinander arbeiten", sagt Michael Hübner, Vizepräsident der BTU Cottbus-Senftenberg.
Die im folgenden genannten Aspekte sind eine Zusammenfassung der am Netzwerktreffen Transfer diskutierten Inhalte und dienen der Dokumentation und Einordnung der Veranstaltung.
Erfolgsfaktoren
Es gibt kein One-fits-all-Modell für die Ausarbeitung einer Transferstrategie. Die Startbedingungen der Hochschulen unterscheiden sich. Günstige Faktoren für den Transfer sind unter anderem:
Vielfalt
"Transfer kann nur dann innovativ sein, wenn verschiedene Perspektiven integriert werden", sagt Stefanie Molthagen-Schnöring, Vizepräsidentin der HTW. Dieser Satz gilt für die außerwissenschaftlichen Beteiligten ebenso wie für Beteiligte der Hochschulverbünde und seitens der Hochschule. "Im Fokus von Transferaktivitäten steht vor allem der soziale Impact, das gemeinsame Lösen von gesellschaftlichen Herausforderungen", sagt Marte Sybil Kessler vom Stifterverband. Sie leitet das Handlungsfeld "Kollaborative Forschung & Innovation" mit den beiden Fokusthemen "Impact of Science stärken" und "Science Entrepreneurship entwickeln". Diese Herausforderungen reichen von der Digitalisierung über nachhaltiges, ressourcenschonendes Wirtschaften bis hin zum Klimaschutz und den Folgen des demografischen Wandels für die Gesellschaft. Gemeinsam zu entwickelnde Konzepte – Bottom-up, nicht Top-down – können deshalb vielfältig sein, im Kleinen wie im Großen: Beratungsstellen für die Bevölkerung und Science Slams; Konzeption einer Nachbarschafts-App und Neugestaltung einer Palliativstation; Konzepte für Agroforstwirtschaft und Etablierung neuer Industriezweige inklusive neuer Ausbildungsberufe.
Wissenschaftskommunikation
Exzellente wissenschaftliche Arbeit findet nicht allein den Weg in die breite Öffentlichkeit oder zu potenziellen Beteiligten an Kooperationen. Deshalb spielt die Wissenschaftskommunikation eine große Rolle, wenn es gilt, Begeisterung für wissenschaftliche Inhalte und deren potenziellen Nutzen für die Gesellschaft zu wecken. Das funktioniert etwa über Medienberichterstattung, Social-Media, hochschuleigene Medienformate auf YouTube und TikTok, regelmäßige Veranstaltungen wie Science Slams, Newsletter oder Präsenz bei Fachmessen.
In der Wissenschaft ist die wichtigste "Währung" immer noch Exzellenz in der Forschung, dokumentiert durch das Drittmittelvolumen und Publikationen in renommierten Fachjournalen. Wissenschaftliche Mitarbeitende an Hochschulen, die sich für den Transfer engagieren, tun dies oftmals "on top", zusätzlich zu ihrer Arbeit in Lehre und Forschung.
"Man braucht Kümmerer in der Hochschule – Kümmerer, die Themen in die Praxis übersetzen und Projekte und Partnerschaften auch über einen längeren Zeitraum sicherstellen können", sagt Alexander Pfriem, Vizepräsident der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde.
Das heißt: Im Transfer Aktive brauchen, neben ihrer intrinsischen Motivation, Wertschätzung und Anreize, um ihre mitunter zeitaufwändigen Projekte am Laufen zu halten und neue anzustoßen. Dafür gibt es einige Möglichkeiten für die Hochschulen. Im Austausch der Teilnehmenden während des Vernetzungstreffens des Stifterverbandes waren folgende Punkte häufig zu hören:
Viele ambitioniert gestartete Transferprojekte an Hochschulen kranken an mangelnder Nachhaltigkeit: Projektmitarbeitende sind nur befristet angestellt, werden nicht entfristet, weil das Budget dafür fehlt, und verlassen die Abteilung oder die Hochschule nach wenigen Jahren wieder. Das verhindert ein nachhaltiges Wissensmanagement und Kontinuität gegenüber weiteren Projektbeteiligten. Eine Transferstrategie wirkt nur dann auf lange Sicht, wenn Transferprojekte personell und finanziell entsprechend ausgestattet sind. "Wenn wir künftig einen Unterschied machen wollen, dann müssen wir personell verlässliche Strukturen aufbauen, um Transfer in die Breite zu tragen", sagt Marte Sybil Kessler vom Stifterverband.
Außerdem bedarf es einer begleitenden und professionellen Erfolgsmessung, um gegenüber Mittelgebenden, aber auch innerhalb der Hochschule gegenüber Partnern die Wirkung von Aktivitäten zu belegen. Axel Koch, der den Geschäftsbereich Transfer an der Christian-Albrechts-Universität Kiel leitet, sowie Vorstandsvorsitzender von TransferAllianz e.V. ist, betont in diesem Zusammenhang die Relevanz qualitativer Daten "im Sinne von Befragungen und begleitenden Studien".
Text: Mareike Knoke